Ziegenhain

Das Fischsterben im Kleinen Wallgraben

Veröffentlicht

Chronologische Entwicklung einer ökologischen Katastrophe – aus dem Gedächtnisprotokoll von Gerhard Reidt

Das Protokoll wird fortlaufend ergänzt und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll lediglich informativen Charakter für die Bürger/innen Schwalmstadts und der Region haben. Außerdem darf die Situation des Wallgrabens nicht in Vergessenheit geraten. Ziel ist, dass die Wallgräben wieder, so wie viele Jahrzehnte vorher und bis zum Jahr 2008, für die Bevölkerung zur Verfügung stehen und der verwilderte Zustand der Ufer beseitigt wird.

Samstag, 20.Juni 2015

Anwohner informieren die Mitglieder des Vorstands im Fischereiclub Neptun über eine vermehrte Algenbildung und sich verschlechternde Wasserqualität. Der kleine Wallgraben steht unter Beobachtung der Mitglieder des Clubs. Der Vorsitzende des Vereins, Stefan Krumpholz, versucht Kontakt zu einem Biologen aufzunehmen. Dies gestaltet sich jedoch schwierig, weil am Wochenende niemand auf normalem Weg zu erreichen ist.

Sonntag, 21. Juni 2015

12.00 Uhr Peter Albert schickt mir erste Fotos, die er vor seinem Haus am Kleinen Wallgraben gemacht hat.

12.45 Uhr Anruf bei der Zentralen Leitstelle Schwalm-Eder. Ich schildere die Situation, dass viele Fische an der Oberfläche schwimmen und offensichtlich Sauerstoff-Probleme haben. Die Leitstelle verbindet mich mit Herrn Hochfeld von der Unteren Wasserbehörde des Landkreises Schwalm. Wir vereinbaren einen sofortigen  Vor-Ort-Termin um 13.00 Uhr. Zum Termin kommen Hochfeld und einige ortskundige Anwohner des Wallgrabens dazu. Es werden die Zuläufe des kleinen Wallgrabens besichtigt. Außerdem wird erörtert, welche Gründe es noch haben könnte, dass der Kleine Wallgraben so gut wie keine Wasserumwälzung hat. Eine Vermutung war auch, dass die Düker als Verbindung der beiden Wallgräben evtl. verschlammt sein könnten. Eine weitere Besichtigung wurde am Zulauf des Wallgrabens bei der Hamsterbrücke vorgenommen. Hochfeld zeigte sich bestürzt über die fortschreitende Verwilderung des Baumbestandes am Ufer. Hier soll in den nächsten Tagen bereits Abhilfe geschaffen werden. Auch wurde der niedrige Wasserstand bemängelt. Dies ist natürlich auch eine Folge der trockenen Witterung. Geregelt wird der Wasserstand in der Nähe des alten Schwimmbades am Badeweg. Der mangelhafte Zustand des Zuflusses wurde von mir fotografisch dokumentiert. Abschließend sicherte mit Herr Hochfeld zu, sofort am nächsten Tag alle erforderlichen Schritte einzuleiten bzw. die weiteren zuständigen Behörden zu informieren.

Im Laufe des Tages machte ich noch einige weitere Fotos, die das beginnende Fischsterben dokumentieren. Wir beobachten in der Nähe des Zulaufs bei der Sparkasse sehr große Karpfen und Hechte, die nach Luft schnappen. Auf dem Wasser kann man Hechte soweit an der Oberfläche beobachten, dass die Rückenflosse wie bei einem Hai aus dem Wasser ragt. Selbst ich als Laie weiß, dass der Hecht seine Beute meist am Grund sucht.

Montag, 22. Juni 2015

Die ersten Großfische sterben und treiben auf dem Wasser. Ich nehme Kontakt zum Fischereiclub Neptun auf. Dort fordert man den sofortigen Einsatz der Belüfter um das Fischsterben zu stoppen bzw. weiteres Sterben zu verhindern. Von der JVA keinerlei Reaktion. Hochfeld (Untere Wasserbehörde) hat mittlerweile alle zuständigen Stellen benachrichtigt. Ich werde gebeten, die Sache nicht an die große Glocke zu hängen und den Behörden erst einmal Zeit zum Reagieren zu geben. Ich frage bei der Feuerwehr Ziegenhain an. Dort kommt die klare und verständliche Ansage, dass ein Einsatz nur mit Genehmigung des Besitzers (Land Hessen) möglich ist. Aufgrund des Verbotes, wegen der Kampfmittel den Wallgraben zu betreten, benötigt man diese Genehmigung. Wir haben erfahren, dass die verfügbaren Belüfter bereits bereit liegen um eingebracht zu werden. Auch stehen Mitarbeiter des Energieversorgers bereit, die nötige Stromversorgung zur Verfügung zu stellen. Enten fressen einen Teil der Fischkadaver auf dem kleinen Wallgraben. Außerdem holen sich Raubvögel die kleineren Fische von der Wasseroberfläche.

Dienstag, 23. Juni 2015

Es wird immer kritischer. Jetzt kommt die Wärme und das Wasser heizt sich immer mehr auf. Die Fische auf der Oberfläche vermehren sich. Alle Gerätschaften zum Einsetzend der Belüfter stehen bereit. Von den Behörden keine Informationen. Die Leitung der JVA versteckt sich hinter dem Zutrittsverbot des Kampfmittelräumdienstes.

Mittwoch, 24. Juni 2015

Es fängt an zu stinken am Wallgraben. Der faule Geruch von vergammeltem Fisch begleitet beim Spaziergang.

Donnerstag, 25. Juni 2015

So wie es den Anschein hat, streitet man sich um die Zuständigkeiten in der Angelegenheit Wallgraben. Es wird berichtet, dass man den bevorstehenden „Shitstorm“ aussitzen will. Typisches Verhalten der zuständigen Personen und Behörden in Sachen Wallgraben. Bisher auch, wie man sieht, sehr erfolgreich. Die Ziegenhainer sind ein geduldiges Völkchen. Darauf setzt man. Das Problem wird nur immer sichtbarer.  Durch die Hitze fangen die Fische an zu verwesen. Um die Fische herum bildet sich ein Schleimteppich. Ich entschließe mich, an die Öffentlichkeit zu gehen und veröffentliche meinen ersten Bericht auf nh24.de. Hier ist der Bericht unter dem Titel „Sorgenkind Kleiner Wallgraben“ nachzulesen.

Freitag, 26. Juni 2015

Das Wochenende naht, auch die HNA hat das Thema aufgegriffen und einen ersten Bericht gebracht. Die Stadt Schwalmstadt überprüft die Durchlässigkeit der Düker und gibt eine Stellungnahme des Ersten Stadtrats Detlef Schwierzeck raus. Hier der Wortlaut.

Samstag, 27. Juni 2015

Sonntag, 28. Juni 2015

Montag, 29. Juni 2015

Dienstag, 30. Juni 2015

Mehrere Marmorkarpfen treiben auf dem Wasser

Mittwoch, 1. Juli 2015

Nachdem Polizei und Staatsanwaltschaft vom Hessischen Justizministerium und der Leitung der JVA-Schwalmstadt am Dienstag in ihrer Ermittlungsarbeit augenscheinlich ausgebremst wurden, hat ein weiterer Bewohner Ziegenhains Anzeige gegen die Anstaltsleitung sowie die Verantwortlichen im Hessischen Justizministerium erstattet. Der Vorwurf des Anzeigenerstatters lautet auf »massiven Verstoß gegen das Tierschutzgesetz durch das Unterlassen bzw. sogar Verhindern geeigneter Maßnahmen gegen das aktuelle Fischsterben sowie die Vernichtung von Beweismitteln durch Entfernung von Beweisen durch Mitarbeiter des Justizministeriums Hessen«. Am Dienstagnachmittag waren Vertraute der Hessischen Justizministerin Eva Kühne-Höhrmann (CDU) aus Wiesbaden angereist und hatten von einem Floß aus 300 Kilogramm Fischkadaver geborgen. Dies geschah augenscheinlich auch unter Außerachtlassung sämtlicher Sicherheitsvorschriften, die die Verantwortlichen für die Kampfmittel im Regierungspräsidium erlassen hatten.

Donnerstag, 2. Juli 2015

Endlich werden die Belüfter am Kleinen Wallgraben eingesetzt. 13 Tage nach Erstmeldung ist endlich Entlastung für das Gewässer in Sicht.

Freitag, 3. Juli 2015

Die Belüfter werden auch am Großen Wallgraben eingesetzt.

Samstag, 4. Juli 2015

Sonntag, 5. Juli 2015

Montag, 6. Juli 2015

Die Belüfter sind weiterhin auf beiden Wallgräben im Dauereinsatz. Der neue Vorstand des Fischereiclubs Neptun e.V. wartet auf den Anruf von Verantwortlichen des Justizministeriums. Durch die Abkühlung hat sich die Situation erneut entschärft. Das Gewässer sieht augenscheinlich wieder gesünder aus.

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